Nachrichten & Pressemeldungen - Lieferkettengesetz

Textilarbeiter*innen in Indonesien in einer großen Fabrikhalle

© FEMNET

Nach Habecks Vorstoß: Welche Auswirkungen das Aussetzen der Berichtspflicht für Unternehmen hat

Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister, hat zu Beginn der Woche angekündigt, die Berichtspflicht für Unternehmen auszusetzen. Damit will er die Unternehmen entlasten, die dann nur noch nach europäischen Richtlinien über die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten berichten sollen. Viele wirtschaftsnahe Medien und Handelsverbände begrüßen diesen Schritt, der nach Aussage Habecks schnellstmöglich umgesetzt werden soll. Außer Acht dabei wird jedoch gelassen, dass damit ein wesentlicher Pfeiler des deutschen Lieferkettengesetzes zur Einhaltung von Menschenrechten und dem Schutz der Umwelt ausgesetzt wird.

Das Deutsche Lieferkettengesetz und seine Bedeutung

Seit Januar dieses Jahres ist das Deutsche Lieferkettengesetz in Kraft, ein Meilenstein für die Bemühungen um die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz in globalen Lieferketten. Dieses Gesetz legt fest, dass Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitenden ab 2023 dazu verpflichtet sind, Rechenschaft über ihre Geschäftspraktiken zu geben. Diese Berichte müssen für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, um Transparenz und Verantwortlichkeit sicherzustellen.

Michelle Trimborn, Sprecherin der Initiative Lieferkettengesetz, betont: "Berichtspflichten sind dabei keine bürokratische Übung, die von Unternehmen lediglich abzuhaken ist und ausschließlich Belastung schafft. Im Gegenteil: Öffentliche Berichte sind für alle Akteure zentral für die Umsetzung des Lieferkettengesetzes: Sie schaffen die notwendige Transparenz, um die Bemühungen der Unternehmen nachzuhalten. Nur so können sowohl das BAFA – die Aufsichtsbehörde für das Lieferkettengesetz – als auch die Betroffenen selbst nachvollziehen, ob die Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten nachkommen.“ Gisela Burckhardt, FEMNET-Vorsitzende ergänzt: „Der Aufwand zur Umsetzung der Berichtspflichten besteht vor allem im ersten Jahr in der Etablierung wirksamer Prozesse zur Ermittlung und Bearbeitung von Risiken. Ist erst einmal eine Struktur zur Erhebung der Daten geschaffen, reduziert sich der Arbeitsaufwand in den folgenden Jahren beträchtlich.“

Die Aussetzung der Berichtspflicht – ein falsches Signal

Die Berichte sind vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres fällig und müssen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht werden. Das bedeutet konkret, dass über ein Jahr nach Inkrafttreten des nationalen Gesetzes, also 2024, erstmals Berichte abgegeben werden müssen. Diese Zeitspanne bietet den Unternehmen ausreichend Zeit, um sich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Zwar ist ein europäisches Lieferkettengesetz geplant, doch die Verhandlungen zur Ausgestaltung laufen noch. Selbst wenn ein Entwurf feststünde, ist noch lange nicht klar, wann es in Kraft treten wird. Außerdem muss jedes EU-Land die Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Der gesamte Prozess kann noch Jahre dauern. Jahre, in denen die Unternehmen keine Rechenschaft ablegen müssten.

Darüber hinaus belohnt Robert Habeck mit der Aussetzung der Berichtspflicht die Falschen. Die Unternehmen, die sich um die Einhaltung von Menschenrechten und den Schutz der Umwelt bemühen, werden durch den Vorschlag des Wirtschaftsministers nicht entlastet. Das Vorhaben nützt vor allem den Unternehmen, die ihren Pflichten bisher nicht nachkommen. Ein völlig falsches Signal, wenn es darum geht verantwortungsvolle Geschäftspraktiken zu etablieren und zu fördern.

Fazit

Die Aussetzung der Berichtspflicht für Unternehmen mag auf den ersten Blick wie eine Entlastung erscheinen, doch sie birgt erhebliche Risiken. Sie könnte dazu führen, dass Unternehmen weniger Anreiz haben, verantwortungsvolle Geschäftspraktiken umzusetzen, da sie nicht mehr öffentlich Rechenschaft ablegen müssen. Dies könnte langfristig die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz gefährden.

Es ist wichtig, dass Unternehmen weiterhin zur Transparenz und Verantwortlichkeit verpflichtet sind, wie es das Deutsche Lieferkettengesetz vorsieht. Eine sorgfältige Umsetzung dieser Gesetze ist der richtige Weg, um sicherzustellen, dass Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen und zur Verbesserung der globalen Geschäftspraktiken beitragen.

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