Nachrichten - Solidarisch wirken Coronakrise

Lebensmittelverteilung duch SAVE-Aktivist*innen

© SAVE

Trauriger Rekord – Indien steht auf Platz 3 bei der Anzahl der weltweiten Coronafälle

Laut Johns Hopkins University steht Indien inzwischen weltweit nach den USA und Brasilien an 3. Stelle bei den Coronafällen und -toten.Immer noch sind viele Näher*innen aufgrund der Coronakrise besonders betroffen. Existenzielle Bedrohung, Kinderarbeit und sexuelle Ausbeutung nehmen zu. Unsere Partner vor Ort unterstützen Arbeiter*innen bei der Zahlung ihrer Rechnungen und versorgen sie mit Grundnahrungsmitteln. Mit dem Corona-Nothilfefonds leisten wir dabei einen wichtigen Beitrag.

28.794 Todesfälle und über 1.19 Millionen mit dem Virus infizierte Personen verzeichnete Indien bis zum 21. Juli 2020. Die Auswirkungen auf die Textilindustrie sind gravierend, tausende Näher*innen sind nicht wieder eingestellt worden. Insbesondere Wanderarbeiter*innen treffen die Lohnausfälle hart. Sie bleiben auch nach ihrer Rückkehr in ihre Heimatprovinzen ohne Arbeit. Kinderarbeit und sexuelle Ausbeutungen nehmen zu.

Gleichzeitig planen 13 indische Bundesstaaten Änderungen an ihren Arbeitsgesetzen. So soll die Zahlung von Mindestlöhnen nicht mehr verpflichtend sein, die Arbeitszeit von 8 auf 12 Stunden erhöht und die Gewerkschaftsfreiheit kann eingeschränkt werden. Diese Entscheidungen, sollten sie von der Zentralregierung gebilligt werden,  bedeuten eine massive Verletzung von Arbeiter*innenrechten und Verstöße gegen Arbeitsrechtskonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die auch Indien unterzeichnet hatte. Am 22. Mai gab es einen landesweiten Streik und die massiven Proteste gegen die Arbeitsrechtsänderungen halten bis heute an. Auch die ILO meldete sich zu Wort, ebenso ein Bündnis von Multistakeholder-Initiativen (FLA, Amfori, Fair Wear, u.a.). Die Initiative wandte sich am 9. Juni an den indischen Präsidenten Modi mit der Bitte, die Arbeitsrechtsänderungen in den Bundesstaaten nicht umzusetzen.  Auch 49 Unternehmen haben einen fast gleich lautenden Brief an Modi unterzeichnet, darunter 14 Mitglieder im Textilbündnis, der Ende Juli verschickt wurde.

Wie sich unsere Partner vor Ort für Betroffene einsetzen:

Tamil Nadu: Unser Partner SAVE hat vor allem Wanderarbeiter*innen unterstützt, bevor diese in ihre Heimatprovinzen zurückreisten. Sie hatten keinen Lohn und auch kein Anrecht auf Lebensmittel, da sie aus einem anderen Bundesstaat kamen.

80% der Wanderarbeiter*innen sind inzwischen in ihre Heimatprovinz zurückgekehrt, wo allerdings Arbeitsmöglichkeiten fehlen. Gleichzeitig haben rund 75% der Spinnereien wieder ihre Arbeit aufgenommen, mit rund der Hälfte der Belegschaft, da die Wanderarbeiter*innen fehlen. Es herrscht faktisch ein Arbeitskräftemangel. Deshalb fordert unser Partner SAVE die Regierung von Tamil Nadu auf, eine Art elektronische Jobbörse zu schaffen, um auch Arbeiter*innen in den entfernten Bundesstaaten in Spinnereien oder Fabriken vermitteln zu können. Arbeitsverträge könnten direkt zwischen Arbeitgeber und Wanderarbeiter*in geschlossen werden, die Abhängigkeit von Agenten, die Arbeitssuchende stark ausbeuteten, wäre gestoppt.

Karnataka (Bangalore): Bangalore ist ein Corona-Hotspot. Vorübergehend wurden alle Geschäfte und Fabriken geschlossen. In weniger als der Hälfte aller Fabriken wird gearbeitet. Betriebe werden jedoch umgehend wieder geschlossen, sobald ein Coronafall beim Personal auftritt. Oft werden die Beschäftigten dann als Corona-Träger angeprangert und aufgefordert wegzuziehen, weil Nachbarn Angst haben sich anzustecken. Cividep schätzt, dass über die Hälfte aller Näher*innen weiterhin ohne Arbeit ist. Die Not ist groß.

Unser Partner Cividep hat insbesondere alleinstehende Näher*innen bei der Zahlung ihrer Mieten, des Handyguthabens sowie mit Grundnahrungsmitteln unterstützt.

Die Schlußfolgerung von Cividep:

  1. Armut und Obdachlosigkeit steigen aufgrund der Arbeitsplatzverluste und einhergehenden Einkommensdefiziten unter Tausenden von Textilarbeiter*innen stark an.
  2. Es droht zunehmende Kinderarbeit. Eltern können ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken, wo sie ein Essen umsonst bekamen.
  3. Die Risiken sexueller Ausbeutung steigen.

Wie Cividep berichtet, ist es nun besonders wichtig, dass sowohl die Regierung auf Bundes-, als auch auf Landesebene Verantwortung für die Versorgung der Beschäftigten übernimmt. Dies müssen die Beschäftigten selbst auch einfordern. Sofern Mittel vorhanden sind, sollten Gemeinschaftsküchen sowie offene Schulen, Kitas und Gesundheitszentren auf Gemeindeebene geschaffen werden.

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