Nachrichten - Solidarisch wirken Coronakrise

© Taslima Akter

Gemeinsame Front gegen ausbeuterische Einkaufspraktiken – Neue asiatische Initiative erarbeitet Leitlinien für Unternehmen

Textilherstellerverbände aus sechs asiatischen Ländern haben eine gemeinsame Initiative ins Leben gerufen, um ihre Verhandlungsposition für bessere Einkaufspraktiken gegenüber westlichen Modemarken zu stärken. Denn sie stehen vor denselben Herausforderungen - stornierte Aufträge, Zahlungsrückstände und Preisnachlasse während der Corona Pandemie bedrohen die gesamte Textilindustrie und führen damit zu Lohnkürzungen und -ausfällen bei den Näherinnen.

„Bei der Auftragsvergabe sind wir Konkurrent*innen, aber wir können gemeinsame Leitlinien festlegen, die alle Käufer*innen zu beachten haben.“, sagt der Pressesprecher der neuen Initiative des interasiatischen Netzwerks STAR, Miran Ali. Bereits 2016 gegründet, vertritt der Zusammenschluss neun Verbände in sechs Nationen, darunter die größten Textilproduzenten der Welt – China, Bangladesch und Vietnam sowie Pakistan, Myanmar und Kambodscha. Neben einer Diskussionsplattform dient das Netzwerk laut Ali vor allem dem Vertrauensaufbau der asiatischen Produzenten untereinander: „Normalerweise arbeiten oder kooperieren diese Länder auf keiner Ebene zusammen. Die Tatsache, dass die Textil- und Bekleidungsindustrie so wichtig für jede unserer Volkswirtschaften ist, war der Grund des Zusammenschlusses.“

Gemeinsam, so die Schätzung von Miran Ali, repräsentiert das Netzwerk rund 60% der Hersteller aller globalen Bekleidungsexporte. Eine Marktmacht, die die neue Initiative für die Durchsetzung ethischer Leitlinien für den Textileinkauf nutzen will. „Wenn ein Unternehmen beispielsweise direkt mit einer Fabrik in Bangladesch verhandelt, ist das nie ein fairer Dialog. Der Einfluss und die Macht der Unternehmen sind extrem groß. Wenn sie fordern: springen, kann die Fabrik nur fragen: wie hoch?“, erklärt Ali. „Wenn wir aber diese Diskussion auf Verbandsebene heben, können wir sehr wohl die Einhaltung gewisser Standards. einfordern. Natürlich ist das nur bis zu einem gewissen Punkt machbar, sonst geht das Unternehmen in ein anderes Land.“

Und genau hier sollen die Leitlinien der neuen Initiative ansetzen. Es müssen „rote Linien“ für die Einkaufspraktiken der Unternehmen formuliert werden. Ziel ist es, dass alle Verbände sich zu diesen Leitlinien bekennen, um ihre eigene Position, aber auch die der gesamten asiatischen Hersteller zu stärken. So kann die Verhandlungsmacht der Produzenten für bessere Standards ausgebaut werden, was letztlich den Beschäftigten zugute kommt. Denn wenn dieselben Richtlinien in allen Ländern gelten, lohnt es sich für die Unternehmen nicht ihre Produktion zu verlegen, da sie sich an anderen Standorten mit ähnlichen Forderungen auseinandersetzen müssten. So zumindest die Hoffnung der Initiative.

Angesichts der Tatsache, dass hier die Interessen von mehr als der Hälfte der global exportierenden Hersteller vertreten werden, eine durchaus erfolgsversprechende Aussicht. Die Leitlinien sollen in diesem Frühjahr durch die Vertreter*innen der Herstellerverbände erarbeitet werden. Nichtsdestotrotz sind diese für Unternehmen rechtlich nicht bindend. Der Vorstoß kann also nur gelingen, wenn sich die Verbände selbst an die Vorgaben halten und dem Druck der Unternehmen nicht nachgeben. Ein starker Schulterschluss des Netzwerkes ist notwendig, aber möglich.

Miran Ali ist Pressesprecher der neuen Initiative des STAR-Netzwerks und Geschäftsführer des teilnehmenden Verbandes BGMEA (Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association) mit Sitz in Dhaka Bangladesch. FEMNET führte das Interview mit Miran Ali am 29.01.2021.

Jetzt spenden